Community of Practice - ein tarent-Erfolgsmodell
Einleitung
Eine Community of Practice ist ein Forum für Erfahrungsaustausch innerhalb einer gewissen Domäne. Sie kann etwas Tolles sein, wenn man es richtig macht! Und da ich auch Gegenbeispiele kenne, kann ich sagen, dass wir bei tarent vieles richtig machen.
Zur genaueren Definition von Communities of Practice (CoP) gibt es einige gute Seiten im Netz¹, die hier nicht wiederholt werden sollen. Vielmehr beschreibt dieser Artikel, wie wir es bei tarent praktizieren oder genauer gesagt, wir “Projektorganisierenden²”. Unsere Domäne ist genau das: Wir organisieren Projekte unserer Kunden nach agilen Prinzipien und unseren Arbeitskontext bei der tarent. Oder wie es unser Purpose bzw. unser “Why” es definieren würde: “Um wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen, wollen wir die vorhandene Motivation der einzelnen Mitarbeitenden wirksam fördern, um begeisterte Teams zu formen, die zuverlässig gute Arbeit leisten, so dass die Kunden von der Zusammenarbeit überzeugt sind.”
Um im gegenseitigen Austausch an Themen zu arbeiten, die auf diesen Purpose einzahlen, treffen wir uns einmal in der Woche für eine Stunde mit 10-20 ProjOs (Projektorganisierende) auf freiwilliger Basis.
Aber wie läuft es genau und warum findet dieses Format nun schon seit über 6 Jahren statt und ist dabei lebendiger denn je? Das werde ich im Folgenden ergründen.
Unsere Domäne
Um einen etwas genaueren Einblick in unsere Themen zu geben, habe ich analysiert, welche Themenfelder wir in 2022 bearbeitet haben:
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Zu den Top 3 Themen hier eine kleine Erläuterung.
Product Owner Hilfe
Hiermit sind klassischerweise Themen gemeint, die primär unsere Product Owner beschäftigen. Das geht von: “Wie gestalten wir ein effizientes Sprint Review?” bis zu “Welche Roadmapping-Methoden habt ihr bereits erfolgreich angewendet?”
Scrum Master Hilfe
Im Gegensatz zur PO Hilfe steht hier der Kontext des Scrum Masters im Fokus: “Wie baut ihr eine Skill-Matrix auf?” oder “Welche Methoden für einen Innovationsworkshop haltet ihr im Kontext XY für geeignet?”
tarent Orga
Da wir sehr dezentral organisiert sind⁴, gibt es Dinge, die wir auch intern organisieren müssen. Das kann das Organisieren von internen Schulungen sein, die Frage, wie wir Hospitationen organisieren oder wie wir unser Onboarding optimieren können.
Ablauf und Rollen
Jedes Mitglied der CoP kann im Laufe der Woche Themen sammeln und einbringen oder sie spontan zum Termin mitbringen. Wir haben keinen CoP-Leader oder ähnliches, sondern rotieren in der Moderation. So gesehen stimmt die Überschrift also nur so halb, denn auch einen dedizierten Protokollanten gibt es nicht. Stattdessen finden sich immer spontan 2-3 Leute, die gemeinsam und in real-time alles Interessante notieren.
Nachdem wir dann mit einem kleinen Ice-Breaker in den Termin gestartet sind, besprechen wir, ob es einer Priorisierung der Themen bedarf und einigen uns entsprechend auf eine Reihenfolge. Dazu kann es sinnvoll sein, dass die Themen kurz vorgestellt werden, um die Dringlichkeit und das Interesse ab zu klopfen
Zu Beginn eines jeden Themas pitcht die einbringende Person ihr Anliegen und erläutert, was sie von der Gruppe möchte. Manchmal ist etwas zur Info oder es wird, wie auch oben beschrieben, aktiv nach Hilfe gefragt. Die moderierende Person hält die Wortmeldungen im Blick, sorgt für ein strukturiertes Gespräch, liest den Chat mit und hat einen Blick auf die Uhr.
Am Ende des Meetings gibt es meist eine Kurz-Retro von 5 Minuten zum Terminablauf und der Moderation und das war es dann eigentlich auch schon. Ganz simpel!
Habits und Tools
Einige Erfolgsrezepte liegen aber auch in kleinen Dingen. Die wichtigsten davon möchte ich hier kurz erläutern.
Kamera, Screenshare und Chat
Da wir deutschlandweit zusammenarbeiten, handelt es sich um einen Video Call (das ist für mich schon so selbstverständlich, dass ich bis hierher noch gar nicht darüber nachgedacht habe). Dabei nehmen wir “Video” sehr ernst und alle Teilnehmenden versuchen, per Kamera teilzunehmen, auch wenn man ausnahmsweise über die Freisprechanlage des Autos verbunden ist.
Gleichzeitig teilen wir so gut wie nie den Bildschirm, außer es gibt wirklich etwas Spannendes zu sehen. Der Vorteil ist, dass den anderen Teilnehmenden damit die volle Aufmerksamkeit geschenkt und so leichter der Fokus auf den Inhalt hergestellt werden kann.
Und auch die Chat-Funktion trägt zu einer lebhaften Diskussion bei, indem die Mitglieder einfach Zustimmung oder Ablehnung kundtun können, ohne dass jeder extra sprechen muss.
Das sind natürlich alles keine speziellen CoP-Tipps, sondern eher good practices für die allermeisten Remote Meetings. Da die CoP aber besonders stark von der Kommunikation der Teilnehmer lebt, ist es hier besonders wichtig, diesen Austausch zu fördern.
Stay in touch
Neben dem eigentlichen Treffen sind für uns insbesondere noch zwei Dinge entscheidend:
1. Unser Chatkanal: Hier können wir Dinge adressieren, die uns ad-hoc wichtig sind oder die wir einfach mit der Community teilen wollen. Das können spontane Hilfegesuche oder interessante Weblinks sein.
2. Unser Methodenkoffer: Das ist eine Art Wiki, in dem wir Tools, Methoden oder Vorlagen speichern, aus denen wir uns bedienen können, ohne dass das Rad jedes Mal neu erfunden werden muss.
Effekte
Wozu führt all das vorher Beschriebene nun? Hier nun einige Effekte, die wir bei uns beobachten konnten:
Wissensvermittlung
Im Zentrum der Effekte steht, dass wir uns gegenseitig helfen und Probleme gemeinsam lösen oder uns zumindest unterschiedliche Lösungsszenarien aufzeigen. Da dies aber in der Community geschieht, partizipieren auch alle anderen Teilnehmenden davon, die ähnliche Herausforderungen haben. Diese Schwarmintelligenz kommt natürlich auch ganz direkt unseren Kunden zugute, da wir letztendlich alles auf sie ausrichten und es meistens ihre Herausforderungen sind, die wir lösen wollen.
Mitarbeiterbindung
Da die meisten von uns bei unterschiedlichen Kunden im Einsatz sind, leidet häufig die Bindung zur tarent und den dortigen Kollegen. Der regelmäßige Austausch untereinander stellt diese Bindung wieder ein Stück weit her. Das geht über das wöchentliche Meeting hinaus und setzt sich in Chats, 1:1 Gesprächen oder kleinen Initiativen fort.
Dienst an der Organisation
Über die Mitarbeiterbindung hinaus leisten wir auch noch weitere Dienste an der Organisation. Dazu gehört z.B. das Onboarding neuer Kollegen. Dies wird bei uns hauptsächlich von einer disziplinarisch vorgesetzten Person und einem sogenannten Paten übernommen, aber auch die CoP hilft neuen Kolleg*innen sich besser zu integrieren und den “tarent-way” zu verinnerlichen.
Dass dieser Effekt nicht zu vernachlässigen ist, lässt sich auch an der oben angeführten Statistik ablesen, da wir uns mit ca. ⅓ unserer Themen mit Fragestellungen bzgl. der tarent- Organisation beschäftigen.
Fachliche Führung
Durch unsere gegenseitigen Feedbacks, unsere Expertise und unser sich-umeinander-kümmern, kann man sogar so weit gehen und davon sprechen, dass wir uns fachlich führen. Das ist in einer Organisation wie der unseren natürlich unglaublich vorteilhaft, da unsere disziplinarische Führungskraft oft gar nicht den alltäglichen Einblick hat, wie das unsere Peers in der CoP haben.
Wer sich näher mit diesem Führungsaspekt beschäftigen möchte, dem sei der Post meines Kollegen Adrian⁵ ans Herz gelegt.
Fazit
Für uns funktioniert diese Form des regelmäßigen Austauschs sehr gut. Neben den aufgeführten Effekten, haben wir einfach eine gute Zeit. So mancher aus der Runde bezeichnet den CoP-Termin als Highlight der Woche.
Und wer jetzt Lust bekommen hat, eine Community of Practice in der eigenen Organisation ins Leben zu rufen: Tut es! Es gibt kaum etwas zu verlieren, aber viel zu gewinnen.
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¹ siehe: https://entwickler.de/karriere/gleichgesinnte-zusammenbringen
² Es handelt sich also hauptsächlich um Scrum Master und Product Owner und nicht um klassische Projektmanager o.ä. wie man vielleicht annehmen könnte.
³ Quelle: Eigene Darstellung nach Analyse der 2022er Notizen
⁴ vgl. https://www.youtube.com/watch?v=kiv94ADOqy8
⁵ https://www.tarent.de/blog/fuehrungskraefte-abschaffen-selbst-fuehren