Geh an Deine Grenzen - nein, geh weiter
Mein Körper meldet sich zum ersten Mal nach 6 km. “Das kann doch nicht sein!” denke ich. Ich laufe weiter. “Ich mache so viel Sport. Laufen, Krafttraining, Schwimmen, Tischtennis. Seit Jahren. Regelmäßig. Und dann zickt mein Knie jetzt schon rum?” Egal, ich laufe weiter. Schließlich liegen noch 13 km vor uns. Wir sind ja gerade erst richtig drin im Lauf. Vielleicht hätte ich gestern auf den ein oder anderen Drink verzichten sollen? Oder doch 6 statt 4 Stunden schlafen sollen? Egal, “jetzt bist Du hier, also mach”, denke ich.
Es ist Samstag. Wir sind in Berendonk am See. Das ist bei Nijmwegen in Holland. Es ist der “Strong Viking” mit der sog. “Water Edition”. Knapp 50 Hindernisse liegen vor uns. Schwimmen, klettern, springen, drücken, ziehen, krabbeln. Überall ist es nass, dreckig und rutschig. Aber die Sonne scheint, das hilft.
Bei so einem Hindernislauf muss ich immer wieder an mein Maximum gehen, muss mich überwinden. Ich mache das nicht zum ersten Mal. Aber es fühlt sich so an. Die Aufregung, die Vorfreude, die sensationelle Stimmung vor Ort. Die gute Laune reißt mich mit, von der Ankunft bis zum Zieleinlauf.
Ich wate durch Matsch. Ok, das war einfach. Ich werde von einer ca. 10 Meter hohen Rutsche geschubst und fliege über eine Rampe gefühlt 20m durch die Luft bis ich im Wasser lande. Ok, das hat Überwindung gekostet, war aber schaffbar. Und dann kommt eins von diesen verdammten Hangel-Hindernissen. Die Griffe sind nicht trocken. Ich spüre, wie sowohl meine Griffkraft als auch die Kraft in den Armen nicht ausreicht. Ich rutsche ab. Das wars. Nicht geschafft. “Wer bitte schafft sowas?” frage ich mich, bis ich den übernächsten Teilnehmer hinter mir beobachte. “Ok, krass. Dafür musst du noch weiter trainieren. Irgendwann klappt das. Ganz sicher” sage ich mir. Und ich bin mir deshalb so sicher, weil ich genau diese Erfahrungen schon gemacht habe. Es gibt Hindernisse, bei denen ich noch vor einem Jahr Welten davon entfernt war, sie zu schaffen. Und jetzt? Bähm! Geschafft! Gibt’s das? Ja, wenn Du über Deine Grenzen hinaus wächst. Und das ist ein verdammt gutes Gefühl.
Wir laufen als Team. Diesmal sind wir ein kleines, dafür aber sehr motiviertes und gut gelauntes Team. Und natürlich laufen wir die längste Strecke, “Beast-Distanz” nennen die das hier. Und als ich bei km 13 das zweite Mal in die nächste Runde abbiege anstatt den direkten Weg zum Ziel zu nehmen, denke ich “Wir sind voll drin. Jetzt aufhören? Nee, das passt nicht”. Wie gesagt: dachte ich. Und dann kamen die letzten Kilometer. Meine Güte, da bekommst Du Signale von Deinem Körper, die Du echt nicht kanntest. Mein Knie, meine Bauchmuskulatur, meine Beine und Arme melden sich. Immer mal wieder. Dehnen, atmen, aktiv regenerieren, das hilft. Und was noch viel mehr hilft, ist das, was Dein Körper Dir immer wieder schenkt: Endorphine!! Wenn Du ein Hindernis geschafft hast, wenn Du mal wieder ein bisschen schwimmen und abkühlen kannst, wenn Du vor lauter kindlicher Freude mit voller Energie in die nächste Matschpfütze springst oder wenn Du das bekannte Runners-High bei längeren Laufabschnitten spürst. Unbeschreiblich.
Und dann das 48te Hindernis, die letzte Kurve, der Zieleinlauf. 3 riesige Treppen noch, dann stehen wir da oben. GESCHAAAFFT!!!! Völlig fertig, aber unfassbar glücklich. Wir jubeln und fallen uns in die Arme. Dann laufen wir durchs Ziel, noch völlig “endorphinisiert” gibt’s das Finisher-Bier.
Und das Gruppenfoto darf natürlich nicht fehlen. Das ist wie bei der eigenen Hochzeit. Du kannst das Foto auch einen Tag später machen, aber es ist einfach nicht das gleiche. Den Moment kannst Du nicht kopieren.
Ich kann jedem einen solchen Obstacle Cross Run (OCR) nur wärmstens empfehlen. Für Dich selbst, aber auch als Team. Das motiviert, macht stark, schweißt zusammen. Wir sind nächstes Jahr wieder am Start – garantiert!
Geh an Deine Grenzen – nein, geh weiter! So weit, wie Du es selbst nie für möglich gehalten hättest!