Ein Kompass für Innovation - Teil 2
Beweise schlagen Annahmen – immer!
Unser Kompass: Die Beweissammlung starten
In Teil 1 unserer Blogserie haben wir ein wenig aus dem Nähkästchen geplaudert und euch berichtet, wie wir früher mit eigenen Startup-Vorhaben und großen Projekten auf die Nase gefallen sind: Weil wir lange Pläne geschmiedet und auf unsere eigenen Annahmen vertraut haben, anstatt Beweise zu sammeln und zu prüfen, ob unsere hochfliegenden Pläne wirklich funktionieren. Das ist nur allzu menschlich, denn wir alle erliegen den erlernten Denkmustern, erst einmal einen langen und überzeugend klingenden Plan zu machen, von dem wir uns anschließend nur schwer wieder trennen können.
In diesem Teil unserer Serie möchten wir euch deshalb zeigen, wie der tarent Innovationskompass funktioniert und was hinter den drei Reifegraden steckt. Diesen Kompass benutzen wir, um zu erkennen, ob wir in unserem Vorhaben feststecken und um Beweise dafür zu sammeln, welche Richtung für uns die richtige ist.
Der Innovationskompass soll Menschen mit großen Vorhaben dabei helfen, zu erkennen, wo aktuell das größte Risiko ihres Projekts oder Produkts liegt, dass sie sich unbedingt vornehmen sollten – auch wenn das bedeutet, den lange geplanten Pfad zu verlassen, den man sich eigentlich vorgenommen hat.
Außerdem soll der Kompass dabei helfen, die richtigen Beweise zu sammeln und passende Fragen zu stellen. Und das sind häufig solche, die sich am besten mit Hilfe der betroffenen Menschen beantworten lassen: den Nutzer*innen. Das sind Fragen wie:
- Löst das Produkt ein real existierendes Problem?
- Ist das Produkt besser als das meiner Konkurrenz?
- Gibt es überhaupt genug Leute, die dieses Problem haben?
- Kann ich sie identifizieren?
- Kann ich sie dazu bekommen, die Lösung zu erwerben?
- Und ganz entscheidend: Sind sie bereit, für die Lösung so viel Geld in die Hand zu nehmen, dass mein Produkt wirtschaftlich ist?
Die drei Reifegrade im Kompass
Der Innovationskompass enthält insgesamt drei Reifegrade, deckt also die drei Entwicklungsstufen eines innovativen Vorhabens ab. Mit dem Output aus dem Kompass kann ich feststellen, wo mein innovatives Produkt oder mein Projekt gerade steht und wo ich feststecke. Die Beispielfragen oben sind typische Fragen aus dem Kompass, die dabei helfen, das eigene Vorhaben einzuordnen und das aktuell größte Risiko zu identifizieren, damit man seinen sinnvollen nächsten Schritt festlegen kann und wieder ins Handeln kommt. Denn wir wissen alle: Wenn im Projekt oder bei der Produktentwicklung einmal Zweifel und Probleme aufkommen, sehen wir häufig den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr und sind paralysiert. Unser lang ausgeheckter Plan funktioniert plötzlich nicht mehr. Und das wollen wir verhindern.
In Anlehnung an Ash Mauryas weit verbreitete Lean-Startup-Methodik legten wir die folgenden drei Reifegrade fest:
1, Problem-Solution-Fit
2. Business Model
3. Product-Market-Fit
Ein Übergang zum nächsten Reifegrad sollte nach diesem Modell am besten erst erfolgen, wenn der aktuelle Schritt hinreichend mit Beweisen validiert wurde. Die Grundfrage lautet also immer: Habe ich genug Beweise, dass mein Vorhaben bis hierher funktioniert? Wenn nicht: Welches Risiko muss ich ausräumen? Wenn ja: Mit welchem wichtigsten Schritt sollte ich nun weitermachen, um den nächsten Reifegrad zu erreichen?
Aufteilung des Innovationsvorhabens in drei Reifegrade
In der Realität ist die Abgrenzung zwischen den Reifegraden nicht ganz trennscharf. Auch bei der Validierung des Problem-Solution-Fit haben Innovatorinnen und Innovatoren meist schon gewisse Ideen, Vorstellungen oder Hypothesen zum Business Model oder in Bezug auf Product-Market-Fit. Auch ist, ganz im Sinne von Design Thinking, ein Zurückspringen auf vorangegangene Stufen oder sogar bis ganz zum Anfang ausdrücklich erwünscht, wenn sich neue Erkenntnisse ergeben, die das notwendig machen. Ganz wichtig: Es ist keine Schande, umzukehren! Lieber früh erkennen, dass wir agil nachjustieren müssen, als viel Zeit und Geld zu investieren und an einem großen Plan festzuhalten, der nicht funktioniert!
Bruch mit dem Weltherrschaftsplan: Kleine Schritte rocken!
Das ist ein radikaler Bruch mit dem Weltherrschaftsplan, jedoch senkt so ein Vorgehen das Gesamtrisiko des Vorhabens. Das Risiko ergibt sich häufig vor allem aus der Größe des Projekts (insbesondere der Projekttage und sonstigen finanziellen Mittel, die hineinfließen) und dem Zeitverzug bis zum Feedback am Markt, oder, um im Bild des ersten Teils der Blogserie zu bleiben: Der Note, dem Vertragsabschluss und den monatlichen aktiven Nutzern. Je größer die Investition für einen einzelnen Feedback-Zyklus und je länger er dauert, desto größer ist das Risiko. Senken lässt es sich also, indem mehr und kleinere Schritte vollführt werden, deren Ziel direktes Feedback vom Markt ist.
Grafik: Großer Plan vs. schrittweises Vorgehen
Die Grafik verdeutlicht nochmal die typischen Fallstricke langer Pläne, die bei innovativen Vorhaben häufig nicht das gewünschte Ergebnis liefern und zum Scheitern des Produkts oder Projekts führen.
Mit dem Weltherrschaftsplan, der häufig nach dem klassischen Wasserfallmodell funktioniert, muss ich zum Start alle meine Ziele und Anforderungen kennen, dann den Plan schmieden und im Anschluss das Produkt in einem großen Wurf umsetzen. Innovationsvorhaben sind aber fast immer komplex: Wir kennen zu Beginn häufig noch gar nicht alle Anforderungen und Nutzerbedürfnisse im Detail, und können deshalb auch gar nicht alle potenziellen Risiken überblicken. Pläne, Erkenntnisse, Technologien und Nutzerbedürfnisse ändern und klären sich häufig erst im Lauf des Projekts. Wenn ihr an eure berufliche Vergangenheit denkt: Hat jemals ein großes Vorhaben von Anfang bis Ende genauso funktioniert, wie ihr dachtet, und seid ihr perfekt im Budget- und Zeitplan geblieben? Seht ihr, wir auch nicht. 🙂
Genau bei diesem Fallstrick helfen uns die drei Phasen vom Innovationskompass besonders: Wir achten in jeder der drei Phasen Problem-Solution-Fit, Business Model und Product-Market-Fit darauf, dass wir messbare erste Ergebnisse erzielen, die uns bei der Beweissammlung helfen. Diese messbaren Ergebnisse bekommen wir, indem wir ganz einfach Prototypen bauen, sie mit Nutzer*innen testen und belastbare Daten sammeln.
Mit diesen Erkenntnissen und dem Feedback der Nutzer*innen können wir gut und sicher in die nächste Phase eintreten und Schritt für Schritt die Risiken im Business Model und vor dem Markteintritt prüfen. Und wenn etwas nicht so funktioniert wie gedacht: Kein Problem! Dann gehen wir einen Schritt zurück, betreiben Ursachenforschung und ändern unser Vorgehen – und zwar bevor wir viel Zeit und Geld investiert haben!
Im dritten und letzten Teil der Blogserie erläutern wir euch die drei Reifegrade im Detail und erklären euch, welche Annahmen zu welcher Phase gehören und wir die drei Phasen aufeinander aufbauen.
Weiter zu Teil 3
Zurück zu Teil 1
tarent Innovation Consultants
Das A-Team der Innovation. Sie befähigen Unternehmen, neue Produkte und Lösungen zu entwickeln, die wirklich gebraucht und am Markt Bestand haben werden.
v. l. n. r.: Timothy Krechel, Frederik Vosberg, Corinna Voss, Andrea Lüthje, Josua Waghubinger